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Es ist Sonntag - Gott sei Dank

Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung. Geschützt durch das Grundgesetz. Das sind die Sonn- und Feiertage. Doch die Arbeitsruhe weicht auf, die seelische Erhebung geht zurück. Was ist der Sonntag noch? Eine Betrachtung.

Hannover am vergangenen Sonntag: Über 500 Geschäfte sind geöffnet, Menschenmassen in der City. Selbst dort, wo es ein Gericht verboten hat, öffnet ein Möbelladen. Das war's wohl mit dem Sonntag. Keine Kirche, keine Turnhalle, nicht mal familiäres Lümmeln auf dem Sofa. Nein, Einkaufen. Oder zumindest so tun als ob. Etwas, was man in Niedersachsen sonst nur von Montag bis Freitag machen kann. Übrigens sogar rund um die Uhr - nach geltendem Recht.

War's das mit dem Tag der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung? Nein. Dafür gibt es sogar ein hebräisches Wort: "Schabat" Das bedeutet "Aufhören". Nach biblischer Überlieferung sollen an einem Tag nicht nur die Reichen dem Beispiel Gottes folgen - ausruhen - sondern auch "dein Sklave und deine Sklavin, dein Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen Wohnrecht hat": Im Buch Exodus (20, 8-11) wird die Heiligung des Sabbats zum dritten der Zehn Gebote.

Sonntag ist Ruhebaum der Zivilisation

Unter Kaiser Konstantin im Römischen Reich wanderte um 321 der samstägliche Schabat des Judentums auf den Sonntag. Begründet wurde eine christlich-abendländische Tradition - gewissermaßen der Baum, unter dem sich unsere europäische Zivilisation seit Jahrhunderten ausruht. Erst mit Beginn der industriellen Revolution geriet der arbeitsfreie Sonntag mehr und mehr in Gefahr - trotz Protesten der Kirchen. Der Staat reagierte: im Kaiserreich 1891 mit dem Verbot der Sonntagsarbeit. In der Weimarer Republik 1919 mit dem Aufwerten zum "Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung" in der Reichsverfassung. In der jungen Bundesrepublik 1949 mit der Übernahme dieser Bestimmung in das Grundgesetz. Übrigens: Auch in der Verfassung der DDR im gleichen Jahr wurde die Arbeitsruhe für den Sonntag festgeschrieben.

Schon allein diese Geschichte zeigt: Der Sonntag war immer mehr als Glockenläuten und Gottesdienst. Religiöses Brauchtum? Ja. Aber auch soziale und kulturelle Tradition einer Gesellschaft. Eine Auszeit vom Trott, ein Schutz vor Selbstausbeutung, weil die Woche nur noch Werktage kennt. Deshalb ist in Deutschland die Arbeit am Sonntag grundsätzlich verboten. Aber "grundsätzlich" heißt im Juristendeutsch, dass es Ausnahmen gibt - für insgesamt 16 Arbeitsbereiche.

Das fängt bei Arbeiten an, die notwendig sind, als "Not wenden": Beispielsweise Feuerwehr, Polizei, Alten- und Krankenpflege oder in Energie- und Wasserversorgungsbetrieben. Sie arbeiten trotz Sonntag. Dann gibt es aber noch die Branchen, die für den Sonntag arbeitet: Gaststätten, Hotels, Volksfeste, Museen, Kino, Theater, Vergnügungsparks -und ja, auch Bildungshäuser. Sie sind tätig, damit andere Menschen das genießen können, was den Sonntag auch ausmacht: gemeinschaftlich verfügbare Zeit auch miteinander zu nutzen.

Rhythmus aus Werk- und Ruhetagen

Jeder Kulturkreis kennt diesen Rhythmus aus Werk- und Ruhetagen. Hier ist es der Sonntag. Er schafft freie Zeit jenseits der Arbeitslogik. Zeit ist eben nicht nur Geld, Zeit darf auch mal einfach nur Zeit sein. Doch keine Chance ohne Schattenseite - die "Sonntagsneurose". Wer sich in der Hektik des Werktags eingerichtet hat, den macht Müßiggang unglücklich - so zumindest die These einer doch erklecklichen Anzahl von Forschern. Vielleicht ist es auch das, was Menschen am Sonntag in die Einkaufscent­ren treibt: einem leeren Kalender einen Termin geben. Weil der Tag sonst verschwendet wäre. Als Ausrede für das eigene Nichtstun. Wenn schon keinen Stress durch Arbeit - selbst als Vorrat für den kommenden Montagdienstagmittwochdonnerstagfreitag - dann wenigstens durch das Hetzen von Laden zu Laden. Weil man ja sonst keine Zeit dafür hat. Ein Hamsterrad.

Das lehrt der Sonntag: Müßiggang ist nicht aller Laster Anfang. Sondern der Beginn von Erholung, mithin "seelischer Erhebung". Dazu braucht es ein sich wiederholendes Ereignis, um sich mit möglichst vielen Mitmenschen regelmäßig zu treffen und in Kontakt zu treten. Das ist Innehalten, das ist das Abbremsen der Hektik des Alltags - in der Kirche, in der Turnhalle oder auf dem Spielplatz.

Der Sonntag mag sich gefühlt zwar von seinen christlichen Wurzeln entfernt haben. Aber genau diese Wurzeln halten ihn noch fest. Insofern: Es ist Sonntag. Gott sei Dank.

(Text: Rüdiger Wala)

Landesallianz für den freien Sonntag

Um den Sonntagsschutz ist es auch in Niedersachsen nicht besonders gut bestellt. Nicht zuletzt die Auseinandersetzungen um die Gartencenter zeigen das. Trotz aller Bemühungen ist es nämlich nicht gelungen, eine Gesetzesänderung zu verhindern, die Gartencentern die Sonntagsöffnung an allen Sonntagen ermöglicht. Dabei ist die Begründung, die kleinen floristischen Betriebe können den erhöhten Blumenbedarf im Agrarland Niedersachsen nicht erfüllen, einfach lächerlich.

Gelungen ist aber die Gründung einer Landesallianz für den freien Sonntag in Niedersachsen. Zehn Organisationen: AGF - Arbeitsgemeinschaft d. Familienverbände in Nds., EAN - Evangelische Arbeitnehmerschaft Landesverband Oldenburg, FDK - Familienbund der Katholiken LV Nds., KAB - Katholische Arbeitnehmerbewegung LAG Nds., KDA - Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und der Evangelisch-lutherischen Kirche in Oldenburg, kfd - Katholische Frauengemeinschaft LAG Nds., Kolpingwerk LV Nds., LSB - LandesSportBund Nds., SoVD - Sozialverband Deutschland LV Nds. und ver.di - Dienstleistungsgewerkschaft LBZ Nds./HB, haben sich nun die Einschränkung der Erwerbsarbeit an Sonn- und Feiertagen auf die Fahnen geschrieben. In der Gründungserklärung heißt es: „Bei jeder weiteren Liberalisierung des Sonn- und Feiertagsschutzes wurde und wird von den Initiatoren ins Feld geführt, es handle sich nur um Ausnahmen für einen eingegrenzten Bereich. Das verfassungsrechtlich gewährleistete Regel-Ausnahme-Verhältnis von Ruhe und Arbeit wird durch ökonomische Gründe jedoch immer mehr zur Disposition gestellt. Wir sind inzwischen an einem Punkt, an dem alle gesellschaftlichen Kräfte in unserem Land gebündelt werden müssen, um der Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes endlich ein Ende zu setzen."

Die niedersächsische Allianz für den freien Sonntag fordert:

  • den ausdrücklich den Schutz der Sonn- und Feiertage
  • die Sicherstellung der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen
  • die Zulassung von gesetzliche Ausnahmen vom Sonn- und Feiertagsschutz nur in begründeten Fällen
  • die Rücknahme von gesetzlichen Regelungen, die der Verfassung widersprechen, insbesondere Ladenöffnung in Kur-, Ausflugs- und Wallfahrtsorten
  • die wirksame Kontrolle und Verfolgung von Verstößen gegen den Sonntagsschutz.

Die Gründung wurde am 16. Dezember 2013 vorgenommen und anschließend in der Landespressekonferenz Niedersachsen e.V. vorgestellt. Nun gilt es gemeinsam aktiv für einen besseren Sonntagsschutz einzutreten. Hier sind neben Aktionen der einzelnen Organisationen vor allem politische Lobbyarbeit, landesweite Aktionen und auch juristisches Vorgehen im Blick.

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